Warum Bergsteigen?

31.01.2021

Natur und Bewegung hat mich schon immer sehr interessiert und wo kann man dies besser kombinieren als im Bergsport. Ob beim Klettern in hohen Wänden, beim Skitourengehen durch eine Winterlandschaft oder bei einer Hochtour über den Gletscher. Der Bergsport bietet für mich eine wunderbare Möglichkeit neue Erfahrungen zu machen, neue Menschen kennenzulernen und mir bewusst zu machen, warum ich hier bin bzw. welche Dinge im Leben essentiell sind. Ich betreibe den Bergsport jetzt sehr aktiv seit über einem Jahrzehnt und habe mir die verschiedenen Spielformen des Bergsteigens mit Kursen und auch autodidaktisch angeeignet. Aufgewachsen im Flachland am Rande der östlichen Alpenausläufer bekommt man das alpine Bergsteigen nicht automatisch in die Wiege gelegt. Ich bin weder ein Kletterer in den oberen Graden noch ein schneller Bergläufer, sondern würde mich als guten Allrounder und Hobbybergsteiger beschreiben. Neben meinen sportwissenschaftlichen Ausbildungen war ich auch im Bergsport-Großhandel beschäftigt, wo ich viel mit Profis, Bergführern und Alpinisten in Kontakt gestanden bin. 


"WANDERN ODER SPORTKLETTERN  IST NOCH KEIN BERGSTEIGEN..."


Ich habe bis jetzt zwei Zugänge zum Alpinismus erkennen können, entweder über das Wandern oder über das Klettern. Da ich über Zweiteres zum Bergsteigen gefunden habe, bevorzuge ich eher alpine Klettertouren im Sommer/Winter mit geringem Zustieg und dafür mehr Kletterzeit. Während meistens die verschiedenen Disziplinen isoliert betrieben werden, beherrscht der Alpinist alle Bewegungsformen auf Schrofen, Fels, Schnee, Firn & Eis. Insofern werden damit Bewegungsformen wie Wandern oder Skitouren oft nur als Zustieg (bzw. Abstieg) zur eigentlichen Alpintour verstanden. Diese Unterscheidung hat insofern eine Bedeutung, da viele Einzeldisziplinen wie z.B. Bouldern, Sportklettern, Klettersteige oder Pisten-Skitouren (ohne einer zusätzlichen Vertiefung des Wissens) nur über wenig alpine Kompetenz verfügen. Kombinierte Touren sind meiner Meinung nach die Königsdisziplin im Bergsteigen und verlangen viel Erfahrung, die richtigen Bedingungen und vorallem viel Zeit. Schnelle und portionierte Erlebnisse gibt es bei dieser Form des universellen Bergsteigens eher selten.


"DIE COMMUNITY AM BERG WIRD IMMER HETEROGENER..."


Ich versuche dem Credo der "eigenverantwortlichen Alpin-Tour" treu zu bleiben. Dabei trägt man nicht nur die Konsequenzen seiner eigenen Entscheidungen, sondern ist auch manchmal gezwungen eine Tour abzubrechen. Ich unternehme nur Projekte, die ich selber planen und umsetzten kann, sprich ohne Hilfe eines Bergführers oder eines stärkeren Seilzweiten, der mich sprichwörtlich "hochzieht". Diese Unterscheidungen werden leider in Zeiten der digitalen Selbstdarstellung immer wichtiger. Es gibt viele gute Gründe, sich einen Guide zu buchen, jedoch handelt es sich dabei um einen anderen Begehungsstil. Auf den Gipfel steigen muss man zwar noch selbst, aber der Großteil der Tourenbereiche wie Planung, Entscheidung, Routenfindung, Sicherheitsmanagement, Sicherungstechnik etc. werden vom Guide übernommen. Einigen Kunden ist dies teilweise aufgrund der hohen Kompetenz unserer Bergführer, gar nicht bewusst. Generell wird die Community am Berg immer heterogener und spricht aufgrund der vielen Teildisziplinen und Zugänge im Bergsport oft nicht mehr dieselbe Sprache. Die Kommentare im Social Media zeigen deutliche Unterschiede bei Motiven, Wissensstand, Erfahrung und Zugang der einzelnen Akteure. Viele niederschwellige Bewegungsformen im Outdoorsport entwickeln sich gerade von Individualsportarten zu Breiten- bzw. Massensportarten (ca. 700.000 Skitourengeher in Österreich) und die verschiedenen Konfliktfelder nehmen zu, wie man anhand des Klettersteig- oder des Pistenskitouren-Booms gut erkennen kann. Gerade in der Pandemie hat sich wohl der letzte Wanderer ein Klettersteigset zugelegt.


"BERGSPORT IST NICHT NUR MOTORSPORT, SONDERN AUCH SITZSPORT..."


Neben der eigenen Verwirklichung und der kreativen Auseinandersetzung mit dem Berg, ist mir auch der nachhaltige und ökologische Aspekt besonders wichtig, obwohl mir klar ist, dass es sich dabei um einen Wiederspruch handelt. Ökologisch sinnvoll wäre es, sich ein regionales Hobby ohne wirkliche Anfahrtswege zu suchen. Wenn man sein Hobby nicht aufgeben möchte, sucht man nach Lösungen bzw. Kompromissen aus dem Dilemma. Aber Bergsport ist heutzutage nicht nur Motorsport, sondern auch Sitzsport und es verwundert einem, dass Akteure manchmal länger im Auto sitzen, als sie sich in der eigentlichen Tour bewegen. Das gilt übrigens nicht nur für Bergsportler aus Deutschland oder Ostösterreich, sondern auch in den Bergtälern muss man einiges an Anfahrt in Kauf nehmen, wenn man nicht andauernd auf den Hausberg gehen möchte. 


NACHHALTIGE AN-/ABREISE:

  • Wenn geht mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen (ist schwierig) und wenn man mit dem Auto anreist, dann gleich mehrere Personen mitnehmen bzw. mehrere Tage vor Ort bleiben (Sprich mehrere Projekte umsetzten und nicht nur zum Großglockner 5h hin und zurückfahren). 
  • Vermeidung und Reduktion von Flugreisen (Apell an die Profis, die fliegen oft). Geht alles einfacher, wenn man in den Bergen wohnt - also Augen auf bei der Wohnsitzwahl. 
  • Vielleicht überhaupt ab und zu den Berg ruhen lassen und einfach vor der Türe laufen gehen?  
  • Achja und das übliche natürlich auch...   weniger Fleisch essen, nachhaltiger konsumieren, Energie sparen und nicht verschwenden usw.


SANFTER TOURISMUS:

  • Fördern wo Nachhaltigkeit und Naturschutz betrieben wird und in der Region auch konsumieren (Hütten, Hotels, Gastronomie).  
  • Meiden von ausgewiesenen Schutzzonen für Wild und Natur, sowie nichts am Berg zurücklassen. 
  • Nachhaltig & Ökologisch einkaufen bei Ausrüstung und Verpflegung. 
  • Höflichkeit gegenüber den Einheimischen, Waldbesitzern und Jägern und bei Aufforderung umdrehen. Das Wohl von Natur und Wild sollte höherrangig sein als persönlicher Hedonismus. 
  • Parkplatzmaut bezahlen und froh sein, dass ihn jemand zur Verfügung stellt bzw. den Schnee räumt.



"BERGSPORT IST EIN LUXUSBEDÜRFNIS EINER  HEDONISTISCHEN SPAßGESELLSCHAFT..."

Viele Kritikpunkte die ich in diesem Blog aufzeige, habe ich teilweise auch aus der Selbstbeobachtung erfahren, insofern steht es mir nicht zu mit dem Finger auf andere zu zeigen. Fehler im Bergsport, die man unbeschadet übersteht, sind gute Lehrmeister und die intelligente Aufarbeitung und Selbstreflexion stellen einen wichtigen Lernprozess dar. Wer sich immer nur in seiner Komfortzone bewegt, wird sich im Bergsport nur schwer verbessern. Die eigenen Grenzen ausloten und erkennen ist somit eine wichtige Fähigkeit, wenn man in die Vertikale aufbricht.  


Wir sind mittlerweile alle gezwungen in dieser komplexen Welt unser Verhalten noch genauer zu reflektieren und zu überdenken, um sinnvolle Alternativen zu finden, auch wenn wir unsere hedonistische Spaßgesellschaft mittlerweile sehr unbewusst ausleben. Einfache Lösungen reichen diesbezüglich nicht mehr aus und ein mehrdimensionales (systemisches) Denken ist gefordert. Früher wusste man es halt nicht besser, aber jetzt weis man und das bewusste Handeln ist gefragt. Philosophisch gesehen ist das eigene Tun nur dann SINNVOLL, WEISE & GUT, wenn andere dabei nicht zu Schaden kommen und das betrifft bei einem Luxusbedürfnis wie dem Bergsport auch den ökologisch-nachhaltigen Umgang mit Kultur, Natur, Tierwelt und Umwelt auch für zukünftige Generationen.


Alexander Gabriel


@ 2021 MEd. Mag. Gabriel Alexander 
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